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Zwischen Abschied und Ankunft ist der Ort, an dem wir wachsen – willkommen 2025!

Lesezeit 3 min
30. Dezember 2024
Neujahr

Mit jedem Jahreswechsel öffnen wir ein Tor, schreiten über eine Schwelle und betreten Neuland – das Land des Noch-Nicht. Du trägst die Geschichten und Erfahrungen des vergangenen Jahres bei dir, und doch hält das neue Jahr unzählige Möglichkeiten und Überraschungen bereit, die darauf warten, von dir entdeckt zu werden.

Lass uns gemeinsam mit Neugier, Mut und einem offenen Herzen aufbrechen. Übergänge mögen Unsicherheit und manchmal auch Angst mit sich bringen, doch in ihnen liegt auch die Magie der Verwandlung, des Wachsens und des Neubeginns. Möge dieses Jahr dir Mut schenken, um das Alte loszulassen, Gelassenheit, um in der Zwischenzeit zu wandeln, und Freude, um im Neuen anzukommen.

Ein herzliches Willkommen in 2025 – möge es für dich ein Jahr voller Klarheit, Wärme und Licht werden!

Die Bedeutung von Übergängen für unser Leben
Übergänge gehören zum menschlichen Leben. Geboren werden, Sterben, Erwachsen werden, eine verbindliche Partnerschaft eingehen, beruflich oder privat. Das sind die grundlegenden Übergänge, die den Menschen begegnen. Auch unser Zeiterleben wird von Übergängen geprägt. Da sind Geburtstage, Jahrestage, Jahreswechsel, Jahreszeiten in den unterschiedlichen Kulturen werden der längste Tag und der kürzeste Tag sowie die beiden Tag- und Nachtgleichen auf verschiedene Weise wahrgenommen und je nach Land, Kultur und Tradition als Sonnenwendfeste Feste gefeiert.

Ebenso lässt der Alltag uns viele Übergänge erfahren. Von der Nacht in den Tag, vom Tag in die Nacht, die Mitternacht, der Mittag. Das sind besondere Zeiten. Dazu kommen, wie schon gesagt, berufliche und individuelle Übergänge. Ein erster Schultag, der Berufsabschluss, die erste Arbeitsstelle, ein Stellenwechsel, der Umzug von einer Stadt in eine andere, oder eben auch der Abschnitt aus dem aktiven Berufsleben in die Pensionierung. Um diese Übergänge zu erläutern, werden oft räumliche Bilder benutzt wie: durch ein Tor gehen, oder über eine Schwelle treten, von einem Raum in den nächsten Raum schweifen, Grenzen zu überschreiten, einen Bach oder einen Fluss zu überqueren, über eine Brücke zu schreiten. Dies bedeutet, Menschen in allen Kulturen und mit allen verschiedenen religiösen Hintergründen suchen nach Arten und Formen, diese Übergänge im Leben zu gestalten.

Ein französischer Ethnologe – Arnold van Gennep – war vor gut 100 Jahren einer der ersten Wissenschaftler, der darüber reflektiert hat. Nämlich, wie Menschen ihre Übergänge wahrnehmen und leben. Er hatte in verschiedenen Kulturen beobachtet, wie Übergänge ritualisiert werden. Rituale helfen den Menschen, lebensgeschichtliche einschneidende Übergänge zu durchleben. Dazu gehören Begrüßungsrituale von Neugeborenen, die Fahnenweihe von Jugendlichen in der ehemaligen DDR, oder jetzt in östlichen Bundesländern, eine Firmung, eine Konfirmation, Hochzeits- und Bestattungsrituale, und noch so viele andere. Ausgehend von diesen ethnologischen Beobachtungen hat van Gennep Strukturen herausgearbeitet, in welchen sich solche Übergänge vollziehen. Diese Muster geben auch heute Orientierung, wenn es darum geht, Übergänge wahrzunehmen, zu gestalten und zu leben. Van Gennep unterscheidet bei einer Transformation, oder dem Übergang 3 Phasen.

Er beschreibt eine Ablösungsphase, eine Zwischen- oder Umwandlungsphase und eine Wiederangliederungsphase.

Die Ablösungsphase: Jeder Übergang beginnt im Alten und Vertrauten und bedeutet einmal, sich zu lösen und Abschied zu nehmen. Abschied nehmen und die entsprechende Trauerarbeit gehören zum Übergang. Sich lösen von Alten ist aber nicht nur mit Trauer verbunden manchmal macht sich die ganze Gefühlspalette bemerkbar. Oft gehört eine Portion Wut dazu. Wut als Energieelement eine Veränderung einzuleiten, einzustehen für das, was mir wichtig ist und mich mit dem Alten nicht mehr zufrieden zu geben. Oft ist dieser Ablösungsprozess auch von Ängsten begleitet, denn ich weiß ja noch nicht, wo mich das Neue hinführen wird. Vielleicht bin ich auch erleichtert, dass das Alte nicht mehr sein wird und zugleich vermisse ich das Alte und Vertraute. Somit mischen sich Freude, Angst und Trauer.

Die zweite Phase ist die Zwischen- oder auch Umwandlungsphase. Wenn ich zu einem Übergang aufbreche und die Zelte abgebrochen habe, dann bin ich noch nicht am neuen Ort. Ich bin also noch nicht im Neuen aber auch nicht mehr im Alten. Zwischen dem Alten und dem Neuen scheint es eine Art Zwischenbereich zu geben. Der Bereich des Nicht-Mehr und des Noch-Nicht. Unsere französisch sprechenden Nachbarn reden vom L’Entre-Deux dem Ort dazwischen. Oft ist dies der Ort der Wandlung, weshalb van Gennep auch von der Umwandlungsphase spricht. Was im Alten funktioniert wird im Neuen nicht mehr tauglich sein. Ich muss oder darf mich verändern. Gleichzeitig werde ich durch den Übergang auch selbst verwandelt. Dieser Zwischenbereich wird oft als Bedrohung wahrgenommen. Meine Identität steht auf dem Spiel. Ich möchte in dem Moment wieder zurück zum Altgewohnten zurück. Zu dem als sicher geltenden Ausgangspunkt. Es ist einer der wichtigsten Momente eines gelingenden Übergangs, diesen Moment der Verunsicherung und der Gefährdung zu durchschreiten – ich möchte fast sagen zu überleben. Diese Situationen darf ich sehr häufig mit meinen Klienten begleiten. Auch das Durchleben dieser Phase wird von einer breiten Gefühlspalette begleitet ganz oft mit den Gefühlen des Haderns, des Erwartens und des Forderns.

Die dritte Phase ist die Wiedereingliederungsphase. Wenn ich den Prozess der Umwandlung durchlebt habe, der meistens am Rande der Komfortzone steht. Wenn ich den Übergang praktisch gefühlt überlebt habe, geht es als nächstes darum, sich im Neuen einzufinden einen neuen Platz einzunehmen. Mit der neuen Identität lebend und mit dieser neuen Identität leben zu lernen. Erst in diesem Moment wird die Veränderung sicht- bzw. spürbar. Erst jetzt wird manifest, was ich vorher mir als Ziel gesetzt habe, geträumt habe, mir gewünscht habe und Visionen hatte. In diesem Moment wird die Veränderung sicht- bzw. spürbar. Erst jetzt wird sie manifestiert. Jetzt bin ich im Neuen. Verändert, gereift, geläutert, transformiert. Dieses Sich-im-Neuen-Einzufinden braucht seine Zeit und Kraft- sprich: Geduld.

Und auch hier gilt: Noch einmal wird das ganze Gefühlsspektrum durchlebt, sodass ich mich im Neuen verankern und zu Hause heimisch werden kann. Das Erleben von Übergängen ruft oft Unsicherheit hervor. In einem Übergang wage ich mich in unbekannte Gebiete vor und weiß noch nicht was mich erwartet. Das braucht Mut braucht es sogar dann, wenn es sich um einen Übergang in ein bekanntes Gebiet handelt. Denn auf eine gewisse Art und Weise ist jeder Übergang neu und nicht absehbar. Auch wenn ich beispielsweise bis heute schon sehr viele psychotherapeutische Seminare entwickelt und geleitet habe, ist der Einstieg jedes Mal neu und ich weiß nicht, wie es sein wird. Zu diesem vor etwas Unbekannten Stehen gehört auch essenzielle Angst. Diese Angst zu überwinden, braucht Mut. Mut ist somit ein entscheidendes Element, damit Übergänge gelingen. Sonst bleibe ich schon vor dem Übergang stehen oder im Übergang selbst stecken.